Anreise

30. März und 1. April 2010

Eine Woche auf dem Beck's-Schiff. Das eigentlich schon längst nicht mehr das Beck's-Schiff ist, denn Anheuser-Busch ließ den Werbevertrag auslaufen, nachdem sie die Brauerei übernommen hatten. Was sehr schade ist, denn die wunderschönen grünen Segel machen dieses Schiff einzigartig; eine gute Werbung für beide Seiten. Aber jeder neuer Sponsor tut sich jetzt um so schwerer, diese grünen Segel für sich als Markenzeichen zu gewinnen. Die neue Alex wird deshalb wohl leider wieder weiße Segel haben.
Da es an Bord trotzdem nach wie vor an alkoholischen Getränken nur Beck's gibt, wollten wir eigentlich mindestens einen Kasten richtiges Bier – also Augustiner – mitnehmen.

Ich hatte noch ziemlichen Stress in der Arbeit und zudem machte mein Auto zicken. Wenigstens mussten wir nicht mit dieser untreuen Kiste bis zum Start unseres Törns nach Genua fahren, sondern hatten einen Mietwagen. Um halbwegs pünktlich gegen 20 Uhr in München loszukommen, blieb leider keine Zeit mehr, die Biervorräte zu ergänzen. Deshalb waren unsere einzigen Mitbringsel 300 m Stahldraht und 60 Schäkel. Insgesamt immerhin 150 kg Metall, die wir im Auftrag der Betreiber­stiftung mitnahmen. Eine Lieferung direkt in den Hafen in Genua wäre deutlich schwieriger gewesen.
Wir sammelten noch zwei Mädels im Allgäu auf, dann ging es über Österreich und die Schweiz Richtung Italien. Am San-Bernardino-Pass freuten wir uns noch über die schöne nächtliche Schneelandschaft. Tage später erfuhren wir von unserem Smut, dass wir gerade noch so durchgekommen waren, gegen 5 Uhr nachts wurde die Straße wegen des heftigen Schneefalls gesperrt.

Gegen 4 Uhr früh erreichten wir Genua. Die Straßen am Hafen waren etwas unübersichtlich. Auch das Navi tat sich schwer, da eine Hochstraße parallel zur Küste verlief und es sich nicht entscheiden konnte, ob wir jetzt oben oder unten fuhren. Wir sahen die Alex schon auf der anderen Seite des Hafenbeckens, nur erreichen konnten wir sie nicht. Ich löste das Problem durch einen sehr italienischen U-Turn.
Auf dem Schiff wurden wir von der Nachtwache begrüßt, die sich ganz offensichtlich über die unerwartete Gesellschaft freute. Wir tranken noch einen Frosch und legten uns dann in der Messe noch zwei Stunden aufs Ohr.

Um unseren Mietwagen wieder nach Deutschland zurückzubekommen, hatten wir mit einem Teil­nehmer des vorherigen Törns verabredet, dass er ihn von Genua aus zurückfährt. Allerdings hatte man mir schon bei der Abholung gesagt, dass ein zweiter Fahrer nur dann ans Steuer darf, wenn unserer Autovermietung AVIS das Original des Führerscheins samt Besitzer vorgezeigt wird. Also mussten wir noch in der örtlichen AVIS-Zentrale vorsprechen, sowie tanken. Dass wir hier in Italien annahmen, wenn als Öffnungszeit 9:30 Uhr angegeben ist, auch um diese Uhrzeit bereits Ange­stellte im Büro sind, erwies sich als deutsche Spießigkeit. Wir beschlossen, unser Fahrzeug umzuparken – mal schnell um den Block. Wunderbar, denn im genuesischen Berufsverkehr verbrachten wir die halbe Stunde, bis die AVIS-Angestellten endlich im Büro waren, gemütlich im Stau.
Auf dem Rückweg zum Schiff verfuhren wir uns wie schon letzte Nacht. Trotz Navi. Ich hatte gestern einen U-Turn gemacht, an einer Stelle, wo es explizit verboten ist. Ein italienischer Polizist war allerdings nicht sehr begeistert, als unser neuer Fahrer dies am hellichten Tag ebenfalls versuchte. Nach zunächst heftiger Diskussion löste sich das Problem spontan, nachdem er seinen (deutschen) Polizeidienstausweis zückte...

Als wir zurückkamen hingen die Wach- und Kojeneinteilungen aus. Ich schlief in einer der beiden 8-Bett Kammern, die liebevoll Pumakäfig genannt wurden. Auf geschätzten 5 m² waren 8 Personen zusammengepfercht, die sich nicht nach jeder körperlichen Betätigung duschen konnten – die Genfer Konventionen gestehen Kriegsgefangenen vermutlich mehr Raum zu. Aber mehr Platz war einfach nicht. Und auf den Großseglern vergangener Tage musste die Mannschaft mit noch weniger auskommen, denn es galt, möglichst viel Fracht mitzuführen. Angeblich würde unsere Kammer spätestens nach drei Tagen wie ein Pumakäfig stinken. Tolle Aussichten und zudem hatten wir gerüchteweise einen schiffsbekannten Schnarcher unter uns...

Auf Großseglern gibt es üblicherweise ein Schichtsystem von drei Wachen. Jede Wache hat 4 Stunden Dienst und anschließend 8 Stunden Pause, die sogenannte Freiwache. Ich war für die 4-8 Wache eingeteilt. Das hieß, wenn wir auf See waren Dienst zwischen 4 und 8 Uhr früh, sowie zwischen 16 und 20 Uhr nachmittags.
Seltsamerweise waren jeder Kammer Mitglieder aller Wachen zugeteilt. Im ersten Moment mag es praktischer erscheinen, nur jeweils eine Wache auf der Kammer zu haben, weil man dadurch alle gleichzeitig wecken kann. Bei dem doch sehr begrenzten Raum würde das aber beim Anziehen zu einem Chaos führen und außerdem ist es belüftungstechnisch sehr viel angenehmer, wenn nicht alle Kojen gleichzeitig belegt sind.

Gegen 15 Uhr begrüßte uns unser Kapitän Gerhard Lickfett. Trotz seinen 73 Jahren machte er einen topfitten – wenn auch leicht exzentischen – Eindruck. Mit dem Ablegen wurden wir auf den nächsten Tag vertröstet. Es waren noch nicht alle Mann an Bord und der bestellte Proviant würde erst morgen eintreffen.

Am Abend gingen wir noch in die Stadt. Genua hatte touristisch nicht viel zu bieten, aber man bemühte sich offensichtlich, zumindest den Hafen nett zu gestalten – sicherlich vor allem für die Gäste der vielen Kreuzfahrtschiffe, die hier ihre Mittelmeertour starten. Aber eine ganz nette Altstadt mit kleinen Gässchen und Straßencafés gibt es dann doch.

Reisetipps

Grüne Segel - Weitere Informationen zur Alexander von Humboldt: Törnpläne, Buchung, Logbuch, Forum und Stammtische.