Elba

Ostermontag, 5. April 2010

Windstärke: 8 aus Nordwest, Seegang 4 m, Temperatur 9,5 °C

Ganz so wie ein Omnibus, was uns der Smut gestern versprochen hatte, sind wir dann doch nicht durch die Nacht gesegelt. Wir rollten kräftig um 20° nach jeder Seite. In der Kajüte war das aber ohne Weiteres zu ertragen. Ein Problem hat man erst, wenn man aufstehen muss. Um 3:30 Uhr in der Früh war für uns wieder die Nacht vorbei.

Als wir unsere Wache übernahmen, war nur noch ein einziges von 25 Segeln der Alex gesetzt: Die Voruntermars. Und auch die musste jetzt weg, zumindest teilweise. Wir reduzierten sie auf die Hälfte, indem wir eine Seite hochzogen. Wir durften nicht zu schnell sein, denn Elba im Dunkeln anzulaufen wäre gefährlich. Andererseits sollte die Geschwindigkeit auch nicht ganz auf Null sinken, denn ohne Fahrt durchs Wasser ist ein Schiff nicht steuerbar.

Gleich anschließend war ich für den Ausguck eingeteilt. Wir hatten noch zwei Windstärken mehr als gestern und zwei oder drei mal kam die See über die Back, auf der ich stand. Trotzdem ging es mir blendend. Und obwohl die Temperatur noch weiter gefallen war, fror ich zum ersten mal nicht mehr in der Nacht. Das hatte ich zwei Unterhemden, zwei T-Shirts und zwei Pullis zu verdanken, die ich unter dem Ölzeug trug. Und apropos Ölzeug: Obwohl der Regen fast waagrecht fiel – es hielt dicht!

Das Ankermanöver bedeutete wieder mal Überstunden für unsere Wache. Um 8 Uhr hätten wir eigentlich wachfrei, aber erst als der Anker gegen 9 Uhr sicher gesetzt war, durften wir in die Kojen.

Portoferraio

Lange schlief ich nicht, denn den Landgang wollte ich nicht verpassen. Portoferraio war Napoléon Bonapartes Winterresidenz und sein späteres Exil. Wir durften hier nur ankern, da die italienischen Behörden zickig waren. Angeblich wurde der Liegeplatz noch für einen Mumiendampfer benötigt. Der tauchte allerdings den ganzen Tag nicht auf. Vermutlich war einfach unser Bakschisch zu gering. So wurden die Beiboote ausgepackt, ins Wasser gelassen und ein Pendelverkehr eingerichtet – Schnullifahren macht ja auch Spaß!

Vor dem Landgang musste ich noch meine Schuhe reparieren. Die alten Bundeswehrstiefel waren ideal, um ins Rigg zu steigen, denn durch ihre recht hohen Absätze kann man sich prima in den Seilen einhaken. Allerdings löste sich langsam ihre Sohle. Der Bootsmann spendierte mir Schmirgelpapier und Pattex, zumindest temporär war das Problem so zu lösen.

Wir bummelten ein wenig durch Portoferraio und machten einen Spaziergang zum Fort. Von dort aus hat man eine schöne Sicht auf die Bucht und natürlich die Alex. Auf dem Rückweg versorgten wir uns auf dem Markt mit Schokolade und ich probierte eine Spezialität: Arancinos, Reis-Käse-Orangen. Erst hielt ich die Mischung für reichlich seltsam, aber es sind einfach nur Reis-Käse-Bällchen. Orangen heißen sie nur wegen ihrer Form und weil ihnen Safran eine orange Farbe gibt. An der Hafenpromenade kauften wir uns noch ein Eis. In fast jedem der Cafés, an denen wir entlangschlendern, saßen bekannte Gesichter...

Ich ließ mich relativ früh zurück zum Schiff fahren. Dort meldete ich mich beim Bootsmann zum Arbeitsdienst. Ich sollte mithelfen, die Davits zu streichen. Die beiden damit schon Beauftragten waren aber bereits fast fertig und so leistete ich Janina Gesellschaft, auf einer der Nagelbänke sitzend. Wir unterhielten uns bestens, bis Lutz, einer der Matrosen aus meiner Wache, schelmisch grinsend auf mich zu kam. Da ist jetzt wohl heute Abend eine Runde Frösche für die Wache fällig, meinte er... Zefix, das hatte man uns gesagt, dass man auf den dämlichen Nagelbänken nicht sitzen darf. Angeblich, weil man leicht über die Reling fallen kann dabei. Wie auch immer, selbst wenn ich das für Unsinn halte, es ist so festgelegt. Der Abend wird teuer...

Die geheime Winsch

Einige Mitglieder der Stammbesatzung machten sich an einer Abdeckung auf dem Manöverdeck zu schaffen. Darunter hervor kam eine versteckte Winsch. Normalerweise werden alle Tampen der Alex durch Muskelkraft bewegt, wie dies auch auf den alten Großseglern üblich war. Im Notfall kann das Schiff aber auch nur mit einer Handvoll Leuten gesegelt werden – dann mit Hilfe dieser Winsch.