Fuerteventura

16. Dezember 2010

In der Früh wurden wir von einer Durchsage des Kapitäns geweckt. Er teilte uns mit, dass wir Lanzarote morgen nicht anlaufen können, da sich von Westen her ein Sturm nähert und der Hafen von Arrecife zu ungeschützt wäre. Stattdessen würden wir schon heute Abend Richtung Teneriffa aufbrechen.
So ärgerlich das war, so verständlich war die Entscheidung des Kapitäns. Das Schwesternschiff AIDAbella hat sich vor etwa zwei Wochen bei einem Sturm vom Kai in La Palma losgerissen. Seitdem hat sie eine kleine Beule und wurde von manchen Passagieren schon in AIDAdella umbenannt. Außerdem mussten 140 Passagiere zurückgelassen werden. Sie verbrachten die nächsten Tage zwangsweise auf La Palma, da weder per Schiff noch per Flugzeug eine Weiterreise möglich war.

Zunächst aber wollten wir unsere heutige Fahrradtour genießen. Von schlechtem Wetter war dankenswerterweise noch nichts zu sehen. Unser Guide teilte zunächste einen Freiwilligen ein, der den letzten Mann machte. Man sparte sich so den zweiten bezahlten AIDA-Mitarbeiter, den ich bei unserer Gruppe von etwa 20 Personen durchaus erwartet hätte. In Cartagena hatte es einen solchen gegeben. Hier wurde er durch einen Touri ersetzt, dem man als Belohnung einen Cocktail ausgab.
Wir fuhren zunächst ins Stadtzentrum von Puerto del Rosario. Es wurde gerade versucht, die Stadt aufzuwerten. Nachdem der Erfolg mit Hotelburgen und Massentourismus ausgeblieben war, wurde jetzt das Stadtzentrum restauriert, in der Hoffnung, exklusiveres Klientel anzulocken. Ob das gelingen wird? Schon einmal wurde versucht, das Image dieses Ortes aufzupolieren. Bis in die 1950er Jahre war die Stadt unter dem Namen Puerto de Cabras, auf deutsch Ziegenhafen, bekannt. Nachdem immer weniger Ziegen von hier aus verschifft wurden, dafür aber mehr Touristen ankamen, war den Bewohnern dieser Name wohl nicht mehr fein genug. Man benannte sich nach der hiesigen Kirche in Puerto del Rosario (Rosenkranz-Hafen) um.

Bereits bei der letzten Fahrradtour auf Madeira hatte ich meine Kamera am Lenker meines Fahrrads befestigt (mit einem Gorillapod). Auch heute hoffte ich auf lustige Aufnahmen und nachdem das AIDA-Video-Team beim Start unserer Fahrradtour anwesend war, malte ich mir schon aus, dass ich mein Material gegen einen Drink an der AIDA-Bar eintauschen könnte. Inés machte aber gleich während des ersten Filmes einen abfälligen Kommentar bezüglich der Aufdringlichkeit des AIDA-Kameramannes. So konnte ich das sicher nicht präsentieren und meine Träume zerplatzten. Zuhause stellte ich fest, dass dies keinerlei Hindernis gewesen wären, denn man konnte Inés auf den Videos garnicht richtig verstehen...

Nachdem wir die Inselhauptstadt verlassen hatten fuhren wir zunächst einige Kilometer an einer vielbefahrenen Straße entlang. Nicht sehr angenehm. Es ging stetig bergauf und eine der Mitfahrerinnen hatte schon deutliche Probleme mitzuhalten. Der von unserem Guide beauftrage letzte Mann war etwas überfordert und so entschloss ich mich auf einem nicht so steilen Streckenabschnitt zu einem kurzen Sprint. Ich überholte das Feld und bat, endlich ganz vorne angekommen – völlig außer Atem natürlich – dass man doch mal auf die Nachzügler warten möge. Angehalten wurde nicht, unser Guide wollte uns erst von der Hauptstraße herunterführen. Nicht ganz unvernünftig sicherlich.
An einer Abzweigung warteten wir. Die junge Dame kam knallrot und völlig fertig bei uns an. Ich hatte anfänglich noch innerlich gelästert, dass sie sich wohl mit dieser Tour übernommen hätte. Es stellte sich aber heraus, dass man ihr ein Fahrrad mit Rücktrittbremse und Nabenschaltung gegeben hatte. Vielleicht hatte sie dies auch gewünscht, dennoch hätte das AIDA Biking Team darauf hinweisen müssen, dass für eine solche Tour eine Schaltung mit geringer Übersetzung absolut notwendig ist. Genau um diese Beratung zu bekommen kann man die Fahrradtouren eigentlich nur persönlich auf dem Schiff buchen. Nachdem unser Guide mit ihr das Fahrrad getauscht hatte, konnte sie während der restlichen Tour problemlos mithalten.

Nach dem Abzweig von der Hauptstraße wurde der Verkehr deutlich geringer. Bis auf eine Höhe von 300 m mussten wir uns noch hochstrampeln. Einige unserer Mitfahrer brachte das an ihre Leistungsgrenze, woran die unbarmherzig niederbrennende Sonne nicht ganz unschuldig war. Schatten gab es keinen, auf der ganzen Strecke nicht! Reinhard versorgte uns dankenswerterweise mit Sonnencreme und wir verteilten unsere Traubenzuckerwürfel. Pausen wurden nur wenige gemacht und wenn, dann fuhr unser Guide fast sofort wieder los, als die letzten da waren. Andererseits gab es auch keinen lohnenswerten Punkt für einen längeren Stop und die Nachzügler hätten ihre wohlverdiente Pause sicher auch einfordern können.

Nachdem wir uns die besagten 300 Höhenmeter erarbeitet hatten durften wir nach etwa der Hälfte der Tour endlich die Belohnung ernten: Die nächsten 15 km ging es praktisch nur noch bergab.

An der Küste hatte der Spaß dann aber doch ein Ende, denn hier fuhren wir auf einem üblen Schotterweg weiter. Teilweise mit Sandpassagen, die auch für erfahrene Radfahrer eine Herausforderung waren. Inés fluchte, weil sie nach eigenen Angaben mindestens 25 Mal im Sand stecken blieb. Kurz nachdem wir den Flughafen erreicht hatten blickte ich zurück und sah nur noch das Fahrrad unseres letzten Mannes auf dem Weg liegen. Ich überlegte schon zurückzufahren, als er sich wieder auf seinen Drahtesel schwang. Er hatte nur das schlecht einsehbare Eck ausnützen wollen und war piseln gegangen...

Kurz bevor wir wieder den Hafen und damit die AIDA erreichten, stoppten wir am Playa Blanca für den langersehnten Badestop. In dem hier gelegenen, schon etwas heruntergekommenen Hotel durften wir Pool und Toilette benutzen. Durch den vorderen Eingang wollten wir nach drei Stunden Radtour nicht unbedingt laufen. Einen Eingang am Strand gab es aber nicht und so mussten wir nach einer Umrundung des Anwesens doch durch den Haupteingang eintreten. Das war auch entgegen unseren anfänglichen Befürchtungen kein Problem, denn dieses Hotel wurde in den letzten 20 Jahren sicher nicht renoviert und so lange ist es wahrscheinlich auch her, dass es die letzten Gäste sah. Das könnte eventuell daran liegen, dass es direkt in der Einflugschneise des Inselflughafens liegt.

Nach 45 Minuten Badestopp (Inés traute sich tatsächlich in den saukalten Atlantik!) kehrten wir aufs Schiff zurück. Mein Fazit von diesem Ausflug ist ganz ehrlich: Den muss man nicht machen. Andererseits, was will man sonst auf Fuerteventura tun? Vielleicht den Tag einfach als Seetag ansehen!

Den Abend verbrachten wir in sehr lustiger Runde. Auf der Kanaren-Route ist das Publikum überlicherweise etwas älter als auf den anderen Touren. Ein Pärchen in unserem Alter lernten wir erst am letzten Abend kennen. Die Stimmung beim Essen war aber immer wunderbar. Zum einen liegt das sicher an dem sehr leckeren Hauswein, zum anderen aber vielleicht auch daran, dass auch die älteren Herrschaften, die eine AIDA-Kreuzfahrt buchen, keine Spießer sind. Diese würden wohl eher bei einer anderen Gesellschaft buchen, bei der es Abends einen strengen Dresscode und eine feste Sitzordnung gibt.
Die Stimmung heute erreichte ihren Höhepunkt, als wir entdeckten, dass der vermutlich philippinische Kellner mit Vornamen Johnwayne hieß. Wirklich nur mit Vornamen und auch tatsächlich so zusammengeschrieben.

Reisetipps

Fuerteventura - Ausflugstipps bei den AIDAfans.

Karte - der Autovermietung CICAR.

AIDA-Radtouren - sind im Gegensatz zu den meist hemmungslos überteuerten anderen AIDA-Aus­flügen eigentlich immer ihr Geld wert. Die Aus­rüstung ist exzellent: Gepflegte Fahrräder, Helm, Rucksack und Trinkflaschen. Man sieht viel mehr als man sich erlaufen könnte und ist trotzdem nicht durch die Fensterscheibe eines Busses von der Umgebung getrennt.
Es gibt drei Schwierigkeitsstufen: Soft ist für praktisch jeden zu machen, es müssen kaum Höhenunterschiede überwunden werden und die Fahrstrecke beträgt normalerweise nur etwa 25 km. Auf Madeira zum Beispiel konnte eine solche Tour aber wegen des hügligen Geländes garnicht angeboten werden. Soft-Aktiv ist für sportliche Menschen auch noch halbwegs gemütlich zu fahren. Es werden 35-40 km und etwa 300 Höhenmeter zurückgelegt. Aktiv-Touren sind nur für Profis ein Vergnügen, 1000 Höhenmeter und über 50 km wären für mich bestimmt kein Spaß!
Ob man ein Fahrrad mit Rücktrittbremse und Nabenschaltung nimmt sollte man sich sehr gut überlegen, siehe oben.