Valley of the Three Mists

18. März 2006

Das Tal von Mae Hong Son wird auch Valley of the Three Mists - das Tal der drei Nebel genannt. Angeblich, weil es in jeder der drei Jahreszeiten (Kalt-, Heiß- und Regenzeit) hier Nebel gibt. In der jetzt beginnenden heißen Jahreszeit besteht der Nebel aber wohl eher aus den Rußpartikeln der brennenden Reisfelder und der Waldbrände. Heute früh sah das noch sehr romantisch aus, in zwei Tagen hatte ich üblere Atemprobleme als im dicksten Smog von Bangkok...

Ich wollte den Dschungel sehen! Von einer geführten Trekking-Tour riet mir Rudi ab, ich könne genausogut auf eigene Faust losziehen. Damit ich nicht verlohren gehe empfahl er mir Bully, seinen Hund, als Bergführer. Mir war zunächst der Name unsympatisch, denn den den Komödianten Bully finde ich nicht wirklich lustig. Und Hunden gegenüber habe ich auch eher ängstlichen Respekt, als Vertrauen. Aber dieses Wesen war einfach nur eine gute Seele... Er lief immer ein paar Meter vorraus, schaute dann, ob ich mitkomme und wenn er mich sah lief er weiter. Wenn er mal kurz aus meinem Blickfeld verschwand, kehrte er spätestes nach ein paar Minuten um, um mir wieder den Weg zu zeigen.
Ein schmaler Trampelpfad führte den Berg hinauf. Teilweise schwer zu erkennen, weil der Boden ausgedörrt oder verbrannt war. Die Temperatur war noch angenehm, aber die Kraft der Sonne war schon deutlich spürbar – bald würde es richtig warm werden. Weit konnte man nicht in die Täler blicken, ein weißer Schleier verhüllte sie.

Ich hoffte, unterwegs wilde Orchideen zu sehen, deren Blütezeit gerade begonne hatte. Stattdessen sah ich plötzlich eine Horde Mungos auf dem Weg vor mir. Normalerweise wären sie vor Bully geflüchtet, bevor ich überhaupt die Chance hätte, sie zu bemerken. Aber Bully lief zufällig hinter mir. In dem Moment, als ich das Photo machte, schoß er hinter mir hervor. Aber seine Jagd war erfolglos.

Wenn man sich mit seinem Bergführer nicht unterhalten kann, dann wird das spätestes an einer Weggabelung kompliziert. Ich dachte, dass mich Bully auf seinem Lieblingsweg führen würde, aber als wir an der ersten ankamen, erwartete er offenbar eine Entscheidung, wo ich denn entlanggehen wollte. Ich befürchte im Nachhinein, ich habe die falsche Wahl getroffen...

Irgendwann war der Weg von einem Bergrutsch zerstört. Auf der anderen Seite ging es weiter, aber über das lose Erdreich zu laufen war nicht so einfach. Die Mühe hat sich auch nicht wirklich gelohnt, der Weg verlohr sich langsam und spätestens beim nächsten Geröllfeld war ich völlig planlos. Ich beschloss, zum Grat hochzusteigen, in der Hoffnung, dass dort ein besserer Weg wäre. Inzwischen war es 10 Uhr; richtig heiß und die dreiviertelstunde Aufstieg kosteten einiges an Kraft. Oben war auch keine Erholung in Sicht, denn eine Flanke des Berges brannte. Wir gingen noch eine zeitlang durch die verrauchte Landschaft, aber irgendwann sah ich ein, dass diese Umgebung für meine Lunge nicht wirklich gesund war und das Bully sich noch nicht die Pfoten verbrannt hatte, grenzte sowieso an ein Wunder. Eigentlich lag die Entscheidung, umzudrehen aber sowieso nicht in meinen Händen, denn Bully lief plötzlich querfeldein talwärts. Ich folgte ihm durch einen Bambuswald. Im Tal floss ein Fluss, der jetzt in der Trockenzeit zum Bach geschrumpft war. Seine nassen Steine leuchteten rot vor dem Hintergrund des grauen, trockenen Flußbetts. An dem umgeknickten Bambus an beiden Uferseiten war zu erkennen, das hier während der Regenezeit deutlich ungemütlichere Wassermassen fließen. (Im Nachhinein erklärte mir Rudi, was es mit Bullys Aktion auf sich hatte: Ich hatte ihn noch gefragt, ob ich Wasser für ihn mitnehmen solle. Er meinte, dass sich Bully sein Wasser schon selber findet. Eigentlich hätte ich einfach nur oben warten sollen, Bully war durstig.)

Ich hatte inzwischen nicht mehr die geringste Ahnung, wo wir eigentlich waren. Aber Bully nahm mir die Entscheidung ab. Offensichtlich hatte er jetzt ein Ziel, aber der Weg dorthin war nicht wirklich für Zweibeiner gemacht. Es ging wieder über einen steilen Grat, wenigstens gab es einen breiteren Weg dahinter. Offenbar wurde ich in ein Dorf der Lisu geführt. Gleichzeitig mit mir kam eine Trekking-Gruppe in das Dorf. Vier Touris aus Israel und Kanada, sowie zwei Führer. Eigentlich wollte ich nur nach dem Weg fragen, aber man lud mich zum Mittagessen ein. Erst gab es westliche Chips, dann eine Nudelsuppe, von der ich aber nichtmal die Hälfte essen konnte, mein Magen wollte immer noch Urlaub machen. Während der ganzen Zeit im Dorf hatte ich geringfügige Panik, was denn Bully machen würde... Nicht, weil ich Angst hatte, nicht mehr nach hause zu finden, früher oder später würde man mir den richtigen Weg erklären. Ich mochte mir aber nicht ausmalen, was passieren würde, wenn er alleine nach Hause zurückkehren würde und ich 3 Stunden später immer noch nicht da wäre. Aber Hunde sind treu und obwohl ich Katzen eigentlich lieber mag, ist das eine Eigenschaft, die sie wirklich auszeichnet und die ich seitdem zu schätzen weiß. Während der ganzen Mittagpause lag er ohne Fluchtversuch unter dem Haus oder spielte mit Artgenossen in der Nähe, die ihm erstunlich ähnlich sahen. Rudi erklärte mir später, dass er sich regelmäßig einige Tage nicht mehr blicken lässt und irgendwann abgemagert und abgekämpft wieder auftaucht...

Die Trekking-Gruppe wollte eine Höhle in der Nähe besichtigen, die Frage nach dem Weg nach Hause wurde mit dem Angebot beantwortet, doch mitzukommen. Die Höhle war unspektakulär, das interessanteste war, dass Bully ohne zu zögern folgte! Richtung Höhlenausgang mussten wir aber eine Leiter überqueren und er war nicht zu überreden, sich auf den Arm nehmen zu lassen. Also ging ich mit ihm den ganzen Weg wieder zurück.

Gegen 17 Uhr erreichten wir die Lisu Lodge. Auch wenn es hier sicher noch viel mehr zu entdecken gab, die Trockenzeit hatte unübersehbar ihren Höhepunkt erreicht, die ganze Gegend lag unter einem Rauchschleier... Den Plan, den Mae Hong Son Loop weiter zu fahren gab ich auf, zu viel hat mich auf dem Weg abgelenkt. Morgen wollte ich zurück nach Pai und die letzten Tage meiner Reise im äußersten Süden Thailands genießen!